BAUJAHR: 1906
ANGESTELLTE:  -
LIQUIDATION: 1996

DENKMALSCHUTZ: Ja

 

Drei Buchstaben sind es, die Sachsen als Motorradland in der ganzen Welt berühmt machen. Hinter den drei Buchstaben „DKW“ steht der Däne Jorge Skaften Rasmussen, welche unweigerlich zu den bedeutendsten Industriellen in der Geschichte von Sachsen gehört. 1904 gründet er gemeinsam mit seinem Partner Carl Ernst in Chemnitz die Firma „Rasmussen & Ernst“. Anfänglich noch mit dem Vertrieb von Maschinen beschäftigt, zieht das junge Unternehmen 1906 in das tiefe Erzgebirge nach Zschopau und errichtet dort in einer ehemaligen Spinnerei eine neue eigene Fabrik. Die erste Produktpalette besteht aus Zubehör für Dampfmaschinen und Haushaltsgeräten. 1912 trennen sich die Wege der Geschäftspartner und das Unternehmen firmiert nun als „Zschopauer Maschinenfabrik J.S.Rasmussen“. 

Während in der Zeit des Ersten Weltkrieges in der Fabrik Zünder hergestellt werden, entwickelt Rasmussen gemeinsam mit seinem Kollegen Mathiesen einen ersten kleinen Dampfkraftwagen (DKW). Das Projekt scheitert aber 1921, nachdem sich die Antriebstechnik als zu veraltet herausstellt. Doch obwohl das Projekt eingestellt wurde, die drei Buchstaben blieben erhalten und sollten bald in der ganzen Welt ein klanghaften Namen bilden. Mit der Inflation 1923 wird das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und kann nun nötiges Kapital für den Ausbau mobilisieren. Gleichzeitig entwickelt man 1921 aus einem Zweitakt-Kleinmotor der Firma „Hugo Ruppe“ einen leistungsfähigen Fahrradhilfsmotor. Dieser Motor findet große Liebhaber und kann als der erste Schritt zum Motorradbau aufgefasst werden. 1921 verkauft man von diesem Modell alleine 10.000 Exemplare. Unter Lizenz verbaut man diesen Motor ebenfalls in den Golem, ein Motorrad des Berliner Herstellers Ernst Eichler. Die komplette Motorradproduktion beginnt damit 1922 in Zschopau. Das sogenannte „Reichsfahrtmodell“ ist das erste eigene Motorrad aus der Händen von DKW, es wird von einem 142-cm-Motor mit 1,5 PS angetrieben. 1925 folgt das Modell DKW E206. Der günstige Preis und die gute Qualität machen dieses Modell schnell zum Verkaufsschlager. Als Nachfolgemodelle entstanden 1928 die DKW E200 und SB200. Der Absatz der Zweiräder aus der Erzgebirge stieg enorm und der Verkauf kannte keine Landesgrenzen mehr. 1925 versucht sich das Zschopauer Unternehmen erneut im Automobilbau, so kauft man die „Slaby-Beringer Automobilgesellschaft“ auf und entwickelt zwei Elektrofahrzeuge unter der Marke „D.E.W“. 1927 entwickelte man als Eigenprodukt den DKW Typ-P, um die Fertigung umzusetzen, kaufte Rasmussen 1928 die angeschlagenen Audi-Werke in Zwickau auf und konzentriert dort die Fertigung von Automobilen und den Namen Audi und DKW. Im selben Jahr noch, mit einer Motorradproduktion von 65.000 Stück im Jahr, ist das Unternehmen zum größten Motorradhersteller der Welt empor gestiegen. Ein Zeitpunkt, wo die asiatische Konkurrenz noch im Brutkasten lag. Um den Turbulenzen der Weltwirtschaftskrise zu entkommen, kommt 1930 der Kleinwagen DKW F1 auf den Markt. Er geht mit seiner Technik in die Automobilgeschichte ein. Als erstes Serienauto besitzt er einen Frontantrieb und legt damit den Grundstein des heutigen modernen Automobilbaues.

Da allerdings der Absatz enorm einbrach und beide Werke von Rasmussen um die Existenz kämpften, drängte 1932 die Sächsische Staatsbank zur einer Vereinigung der Werke DKW und AUDI mit der Horch-Werke AG in Zwickau. Es ist die Geburtsstunde der Auto Union AG und eines neues sächsischen Automobilkonzern, welche in den Folgejahren zu einer beachtlichen Größe anwachsen sollte. Bis 1937 stellt das Werk in Zschopau gleichzeitig den Konzernsitz dar, bevor die Auto Union nach Chemnitz umzieht. Zu den drei Marken kaufte man zudem die Automobilabteilung der Wanderer-Werke in Chemnitz auf und pachtete das Fertigungswerk in Chemnitz-Siegmar. Rasmussen schied selbst 1934 aus der Konzernleitung aus und zog sich aus dem aktiven Betrieb zurück. Im Werk Audi liefen fortan auch die DKW Automobile vom Band. Der Absatz dieser kleinen und günstigen Fahrzeuge stieg enorm an und fanden ihren Höhepunkt im Modell F8 kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges. Die Neuentwicklung F9 konnte aufgrund des ausgebrochenen Krieges nicht mehr in den Markt gebracht werden. Auch der Motorradbau lief parallel in Zschopau weiter. Erfolgsmodell der 1930er Jahre ist das Modell RT 125 von 1939, es wird wichtiger Bestandteil des Fahrzeugparks der Wehrmacht und wohl eines der am meisten verkauftesten Motorräder der Welt. Noch 1955 kopiert Yamaha das Modell komplett. Damit ist eine DKW der Grundstein für das spätere japanische Motorradunternehmen Yamaha geworden.

Mit dem Zweiten Weltkrieg geht die Produktion fast vollkommen auf Rüstungsgüter über. Das tiefe und enge Tal biete dem Werk einen entsprechenden Luftschutz gegen feindliche Bomberverbände.

Nach Auflösung der Auto Union AG im Jahr 1948 wird erhält DKW wieder die Selbstständigkeit zurück. Doch der Wind hat sich gedreht gehabt, führende Ingenieure und Führungspersonen fliehen vor der Roten Armee in Richtung Ingolstadt und setzen dort die Geschichte von DKW fort. Den alten Namen verliert das Werk endgültig 1956, nach dem das Ingolstädter Unternehmen erfolgreich gegen die Verwendung des Namens geklagt hatte. Die alte „DKW“ firmiert nun, bereits in Volkseigentum umgewandelt, als „VEB Motorradwerk Zschopau (MZ)“. Die Produktion war bereits 1950 mit der Wiederaufnahme des Vorkriegsmodells RT125 wieder aufgenommen worden. Der Betrieb ging in die Organisation der IFA (Industrieverband Fahrzeugbau) über.

Die Fahrzeugproduktion läuft zur selben Zeit ebenfalls im Werk Zwickau wieder an. Hier beginnt man nach dem Krieg der Fertigung des DKW F8, besonders als Transporter beliebt, ehe parallel der F9, als Vorkriegsentwicklung, gebaut wird. Die Fahrzeugfertigung unter dem Namen DKW endet im Jahr 1955, mit dem letzten F8. Der F9 war bereits 2 Jahre vorher in das AWE-Werk Eisenach verlagert worden. Im Zwickauer Werk wird aus den Überresten der DKW-Ära das AWZ (Automobilwerk Zwickau) gegründet.  

Die Motorradfertigung in Zschopau wird nun unter den neuen Namen „MZ“ weiter aufgebaut. 1956 folgen die ersten Nachkriegsmodelle MZ ES 250, ES 175 und die BK 350. Die Fertigung des Erfolgsmodells RT125 lief 1962 endgültig aus. Es sind damit allein 310.800 Motorräder von diesem Typ gebaut wurden. Als Nachfolgemodell kommt noch im selben Jahr die MZ ES 125/150 auf den Markt. Sie geht in den Fußstapfen der RT und wird erneut ein Erfolgsmodell, mit über 900.00 Stück ist sie das bis heute meist gebaute deutsche Motorrad. Trotz Planwirtschaft und Innerdeutsche Grenze, hat sich das MZ-Werk in Zschopau wieder zum Herzen der deutschen Motorradwelt gekrönt. 1983 läuft in Zschopau das 2 millionste Motorrad vom Band, es ist der Höhepunkt der Fertigung im der alten Fabrik von Rasmussen. Über die Grenzen der sozialistischen Welt hinaus verkaufen sich die Motorräder mit den 2 Buchstaben am Tank, selbst in der BRD finden sie eine große Anhängerschaft. 

it der Wende 1990 wird MZ privatisiert. Das neu gegründete Unternehmen „Motorradwerk Zschopau GmbH“ meldet allerdings bereits ein Jahr später wieder Insolvenz an. Es beginnt ein Kampf um das Überleben. Die Patente und Fertigungsanlagen gehen 1995 in den Besitz einer türkischen Firma über, diese lässt die Modell in der Türkei bis 2001 weiter fertigen. Die neu gegründete „MuZ Motorrad- und Zweiradwerke GmbH“ verlässt 1993 das Stammwerk in Zschopau und zieht komplett in das Werk 2 in Hohndorf um. 1996 übernimmt der malaiische Konzern „Hong Leong“ die Motorradwerke und versucht mit Neuentwicklungen die Lage im Erzgebirge zu retten. Es folgten eine neue Modellversuche sowie eine erneuerte MuZ RT125. Den Höhepunkt stellt die Entwicklung der MuZ 1000S dar, ist besticht mit einigen Innovationen im Motorradbau und soll eine neue Zeitenwende in Zschopau darstellen, ihrer Konkurrenz in der Technik weit überlegen. Dieses Motorrad findet allerdings nie den Entscheidenden Absatz. Ab 2005 fährt das Management das Unternehmen langsam herunter. Entscheidende Abteilungen werden unverständlich geschlossen und die Produktion auf Sparflamme fortgeführt. Teillager und die historische Sammlung des Werkes wird veräußert. Es ist das leise Sterben einer Legende. 2008 wird die Produktion von Zweirrädern komplett eingestellt. Im September des selben Jahres läuft das letzte Motorrad vor den Toren der Stadt Zschopau von Band. Ein Jahr später versuchen 2 engagierte Unternehmer nochmals die Wiederbelebung der Legende. Mit dem Elektroroller MZ Emmely EL1 sowie der Straßenmaschine T125 wird die Produktion 2011 wieder aufgenommen. Doch dieser letzte Herzschlag währt nicht lange. Im Jahr 2012 geht der Zulieferer der Elektromotoren „Clean Mobile“ in die Insolvenz und die Zschopauer Motorradbauer stehen vor dem Aus. Noch im selben Jahr muss MZ erneut Insolvenz anmelden. Es ist das endgültige Ende im Zschopauer Motorradbau. Eine geplante Sanierung im Jahr 2013 scheitert. Bis heute hält sich die Vermutung, dass die BMW AG in München die Eigner dazu drängte, den sächsischen Motorradhersteller in den Konkurs zu führen, um damit die deutsche Monopolstellung auf dem Motorradmarkt ungehindert zu behaupten. Nach 90 Jahren Motorradbau in Zschopau endet die Ära einer Legende klanglos, einer der größten Arbeitgeber der Region verschwindet komplett und hinterlässt bis heute eine unverkennbare Lücke im Stadtbild. Ob man jemals in Zschopau wieder Motorrader bauen wird, dass ist unklar, aber das alte Stammwerk, tief im Tal, es erzählt seine Geschichte, von einst größten Motorradfabrik der Welt.

 

 

Quelle: "Männer um die MZ: Begegnungen im VEB MZ Motorradwerk Zschopau", Berlin, 1962
            "IFA-MZ: 1950-1991; Eine Dokumentation", Stuttgart, 2008


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